Fehmarn – Einwohnerversammlung war gestern, Bürgerdialog ist heute. Die Stadt Fehmarn hat am Donnerstag mit einem neuen Veranstaltungsformat rund 200 Insulaner mobilisiert, die in die Mensa der Inselschule kamen, um sich nicht nur über aktuelle kommunalpolitische Themen zu informieren, sondern auch konkret in den Gedankenaustausch zu gehen mit Vertretern aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft.
Kreispräsidentin spricht von einmaligem Format
Eingeladen zum Bürgerdialog hatte Bürgervorsteher Holger Micheel-Sprenger (FWV), der sogar Kreispräsidentin Petra Kirner (CDU) sowie den Landtagsabgeordneten Niclas Dürbrook (SPD) begrüßen konnte. Kirner sprach von einem „ziemlich einmaligen“ Format, das es ihres Wissens auf Kreisebene so noch nicht gegeben habe.
Bürgermeister Jörg Weber (SPD) sprach als Verwaltungschef der Politik seinen Dank aus, sich mit dem Bürgerdialog auf den Weg gemacht zu haben. „Ein neues Projekt für uns“, so Weber, in das sämtliche Fachbereiche der Verwaltung nicht nur mit den Fachbereichsleitern, sondern auch mit zahlreichen weiteren Mitarbeitern eingebunden waren. Sein Vorabfazit mit Blick auf die sehr gut gefüllte Mensa der Inselschule: „Die Fehmaraner sind zum Dialog bereit.“
Doch bevor es in den echten Austausch ging, weckten drei Impulsvorträge zu Themen, die Bestandteil aktueller politischer Diskussion sind, das Interesse der Gäste. Die größte Aufmerksamkeit erhielt ohne Zweifel Jörg Kähler von der Wetreu Holstein KG, der über die Bürgerbeteiligung an Windkraft referierte.
Konkretes Beispiel für Fehmarn: der Windpark Fehmarn Mitte, für den es bereits einen städtebaulichen Vertrag gibt. Hier – zwischen Vadersdorf, Lemkendorf und Petersdorf – sollen die Altanlagen zurückgebaut und 24 Neuanlagen mit einer Nennleistung von 5,7 MW und einer Gesamthöhe von 200 Metern errichtet werden. Nach Einschätzung des Experten handelt es sich beim Neubau dieser 24 Anlagen um „ein Großprojekt für deutsche Verhältnisse“. Mit dem Start der baulichen Umsetzung rechnet die Betreibergesellschaft laut Kähler nicht vor 2026 oder 2027.
Was in diesem Jahr aber noch losgehen soll, ist die Gründung einer Beteiligungsgesellschaft mit einer fixierten Beteiligung in Höhe von bis zu 18 Prozent, optimalerweise durch Bürger. Doch auch die Stadt Fehmarn als natürliche Person könne sich daran beteiligen, so Kähler.
Favorisiert wird das Genossenschaftsmodell
Favorisiert wird das Genossenschaftsmodell, die Bürger-Energie Fehmarn eG. Ziel der Bürgerbeteiligung sei es, möglichst viele Bürger zu erreichen, um die Akzeptanz der Windkraft in der Bevölkerung zu erhöhen, so Kähler. Das Genossenschaftsmodell biete hierfür eine gute Basis.
Die Mindestbeteiligung soll nicht unter 2000 Euro liegen. Zeichnungsberechtigt sind nur Personen, die ihren ersten Wohnsitz auf Fehmarn haben und mindestens 18 Jahre alt sind. „Es wird von unten aufgebaut“, hofft Kähler darauf, dass möglichst viele Bürger sich mit 2000 Euro beteiligen. Erst wenn die 2000-Euro-Anteile nicht ausreichen, um die 18 Prozent zu erreichen, soll ein weiteres Rundenverfahren starten. Zudem gilt ein Pro-Kopf-Stimmrecht.
Bürgervorsteher Holger Micheel-Sprenger schätzt, dass die Investitionssumme für den neuen Windpark bei über 200 Millionen Euro liegt, die Bürgerbeteiligung könnte drei bis vier Millionen Euro betragen.
Doch zunächst einmal muss im Haupt- und Finanzausschuss am Dienstag (8. April) noch der Grundsatzbeschluss über die Art der Bürgerbeteiligung gefasst werden. Wohl eine Formsache, denn im Kreise der Zuhörer war die positive Grundhaltung zum Genossenschaftsmodell unverkennbar.
Die tatsächliche Umsetzung der Beteiligung erwartet Kähler für 2026. Bis dahin soll es noch mehrere Infoveranstaltungen geben. Im Anschluss waren er und Andreas Joswig, Geschäftsführer der Bürger-Energie Fehmarn GmbH, gefragte Gesprächspartner am Infotisch.
Die weiteren Impulsvorträge kamen zunächst von Benjamin May, Fachbereichsleiter Bauen und Häfen, der über Wohnen auf Fehmarn informierte und aktuelle Gebietesplanungen sowie das Vergabeverfahren im Erbbaurecht, das im Baugebiet nördliche Reiterkoppel Anwendung findet (wir berichteten), referierte.
Schließlich brachte Lars Laußat, ebenfalls aus dem Fachbereich Bauen und Häfen, die Bürger auf den aktuellen Stand bei Straßenbauvorhaben sowie -sanierungen.
Im Anschluss erhielten die Gäste des Bürgerdialogs Gelegenheit, an zahlreichen Infotischen mit den Fachbereichsleitern und weiteren Mitarbeitern sowie den Ausschussvorsitzenden zu unterschiedlichen Themen ins Gespräch zu kommen.
Holger Micheel-Sprenger sprach nach der Veranstaltung von einem Erfolg und einem guten Start für das gewählte Format des Bürgerdialogs. So könne er sich nun vorstellen, die nächste Einwohnerversammlung mit Elementen aus dem Bürgerdialog zu kombinieren.